Das Kirchenjahr

Weihnachten

Aus den Erinnerungen von „Timmergerd“:
Weihnachtszeit, wie weit liegst du zurück! Jedes Jahr, wenn die Adventshörner ins Abenddunkel tönen, werde ich erinnert an dieselbe Zeit, die mein Kinderherz erfreute. Durch Morgendunkel und Nebel schritt ich zur Adventsmesse, noch gefeiert im Licht einiger Kerzenstummel. „Tauet Himmel den Gerechten“ – „O Heiland reiß die Himmel auf“ hebt die Orgel an. Siebzig helle Kinderstimmen übertönen sie fast. 

Und dann kam das Weihnachtsfest. Festliches Geläut drang am frühen Morgen zu uns in die Kammer. Dann gingen wir zur Kirche, deren Fenster jetzt viel heller strahlten. Welche Freude kam in uns auf beim Betreten der Kirche: Krippe, Altar und Kronleuchter in hellem Kerzenlicht, der Altar vom roten Licht in Glasgefäße gestellter Kerzen besonders hervorgehoben. Damals hatten wir in Spelle auch einen Kinderchor. Zwei Knaben waren darunter, einige Jahre älter als ich, die eine alles überragende Stimme hatten. Und wenn dann die Orgel verstummte, und nur die hellen Stimmen dieser Knaben erklangen, dann war so ganz Weihnachten. 

Die Krippe aus der alten Kirche steht jedes Jahr im Eingangsbereich des St. Johannes-Stiftes in Spelle.

 

Kar- und Ostertage

Aus den Erinnerungen von „Timmergerd“:

Die Karwoche wurde in ihrer Trauerstimmung von uns Kindern in Kirche und Schule zutiefst miterlebt. An den drei letzten Abenden war in der Kirche eine Andacht, die von den Kindern fast vollzählig besucht wurde. Eine halbe Stunde vor der Andacht machten wir einen Rundgang durch das Dorf; es wurde „geklappt“. Da die Glocken dann nicht mehr läuten durften, war dieses eine Einladung an die Erwachsenen zur Andacht, die immer  sehr zahlreich besucht war. Wie am Weihnachtsfest sangen dann die zwei besten Sänger unter den Kindern auf der Orgelbühne.

Dann kam endlich der ersehnte Ostermorgen, und mit blankgeputzten Schuhen gingen wir zur Kirche. Das Kruzifix wurde aus dem Grab geholt, und herrlich erklang das Lied „Christus ist auferstanden“ durch die Kirche von der Orgel, die schon seit Tagen verstummt war, begleitet. (…)

Viele aus den Vor- und Kriegsjahren des II. Weltkrieges erinnern sich auch noch an die verschlossene Kirchentür in der Osternacht. Mit brennender Osterkerze klopfte der Pastor an die Tür, die sich dann öffnete und alle, wirklich alle nacheinander in die dunkle Kirche einzogen- das Auferstehungsloicht voran, singend: „Lumen Christi. Deo gratias“.

Nach der Andacht wurden die Ostereier verzehrt. Jeder durfte so viel essen, wie er wollte und vertragen konnte.  Gegen fünf Uhr bespannte Aftings Papa den langen Leiterwagen und führ sämtliche Burschen auf einen Sandhügel nahe beim Bahnhof. Wir Kinder halfen fleißig beim Herrichten des Holzhaufens, der so hoch wie eben möglich sein musste. Endlich brannte das Feuer. Fast alle bekannten Osterlieder wurden der Reihe nach gesungen. Kinder, die zur ersten Hl. Kommunion kamen, besuchten das Osterfeuer nicht. Sie sollten damit ein Opfer bringen.

 

Fronleichnam um die Jahrhundertwende 19./20. Jh.

aus der Zeit von „Timmergerd“:

Wohl mit 20 Jungen machten wir uns am Tag zuvor auf den Weg, um Blumen, vorzugsweise Schwertlilien, zu sammeln. Daraus wurden sogenannte Sterne, mit verschiedenen Blumen geschmückt, vor dem Eingang zur Klause in weißen Sand gelegt.

Die Erwachsenen waren mit dem Winden der Bögen beschäftigt. Hierzu verwandte man Wacholder. Überall wurden Blumen eingeflochten, und wenn es bereits dunkel wurde, legten am Fronleichnamsmorgen noch Jungen und Mädchen letzte Hand an.

Der Weg ging von der Klause auf dem Schulplatz durch den Esch zu Althülsers Klause (heute Laarmann) nach Imken (später zu Hölscher umgesetzt) und Wöhlen Klause und zur Kirche zurück. Mit Ausnahme der Strecke von Hölschers zum Schulplatz war damals der ganze Weg noch ungepflastert.

Am Tag danach wurde in der Schule lebhaft darüber diskutiert, welche Klause am schönsten gewesen sei.

 

Kirmes und Kirche

Aus den Erinnerungen von  „Timmergerd“ um die Jahrhundertwende:

„Am Kirmestag ging unsere Mutter zur Frühmesse und brachte uns Kindern je ein handgroßes Stück Butterkuchen mit, denn damals  standen vor der Kirche Kuchen- und Spielwarenbuden und einige Male sogar ein Karussell und eine Schaukel. Darüber freuten wir Kinder uns sehr, denn Kuchen gab es nur zu Kirmes und Fronleichnam.

Im Hochamt saßen und standen die Leute dicht gedrängt, und wenn der letzte Glockenschlag zum „Engel des Herrn“ soeben verklungen war, und die ersten Leute das Hochamt durch die Kirchentür verließen, setzte  draußen die Glocke des Karussells ein, und die Drehorgel fing an zu spielen, und dann konnten wir Kinder es kaum noch auf unseren Plätzen aushalten. Aber uns war vom Lehrer eingeschärft worden, dass wir die Kirche nicht eher verlassen durften, bis auch der letzte Erwachsene draußen war, und am Kirmestag war das nicht anders.

Die Hauptkirmes war nicht vor der Kirche bei Frankmölles, sondern auf dem Osterbrink bei Segers, wo auch getanzt wurde. Vor dem ersten Weltkrieg wurde am Kirmessonntag nicht getanzt.“